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Sankt Petersburg — Russlands Kulturhauptstadt und die Stadt der drei Revolutionen

In Russland ruft der Name dieser Stadt jede Menge von Symbolen, Gestalten und Zitaten aus Gedichten in der Erinnerung wach: weiße Nächte, Ansichten von Brückenöffnungen, die Eremitage, der Eherne Reiter, der Fluss Newa, der sich «machtvoll wallt», "Peters Schöpfung"...Jede dieser Bildgestalten ist es wert, eine Grundlage für das städtische Branding zu werden, das jedoch bis heute nicht ausformuliert bleibt. Paradoxerweise hat die Hauptstadt des Nordens bis heute keinen touristischen Slogan! Allerdings hat St. Petersburg das auch nicht nötig. Auch ohne allzu viele Werbemittel zieht es das ganze Jahr über Millionen Besucher aus der ganzen Welt an. Die einen kommen einfach, um die Stadt zu bewundern, die anderen — um ein Teil davon zu werden und für immer hier zu bleiben.

Die beliebteste Version der Gründungsgeschichte von St. Petersburg besagt, dass Peter I. 1703, als er die eroberten Länder nach dem Nordischen Krieg inspizierte, diesen Ort für die Grundsteinlegung einer Festung aussuchte — das erste Gebäude der künftigen Stadt. Es heißt, Peter habe erlassen, die Stadt inmitten eines Sumpfs zu erbauen, aber so stimmt das nicht ganz. 1703 gab es hier schon mehrere Siedlungen. Die Gegend war tatsächlich von Moorböden geprägt und einer finnischen Legende zur Stadtgründung zufolge, war es schlichtweg unmöglich, unter solchen Bedingungen nach gängigen Methoden zu bauen, die Stadt wäre einfach versunken. So erbaute man die Stadt im Himmel und ließ sie danach behutsam auf die Erde runterkommen. Trotz der verbreiteten Meinung, dass die Stadt dem Kaiser selbst zu Ehren benannt worden ist, war es der himmlische Patron Peters des Großen, der ihr als Namensgeber diente — der Apostel Petrus. 1720 erhielt die Stadt den Namen St. Peterburg, bis dahin hieß sie Sankt-Piter-Burch («die Festung des heiligen Petrus», in imitierter niederländischer Aussprache).

Ab 1712 und die folgenden 206 Jahre blieb St. Petersburg Hauptstadt. Aus Moskau waren der Zarenhof und die staatlichen Institutionen hierher gezogen. Zum Ende des 18. Jahrhunderts hin belief sich die Bevölkerung bereits auf 200 000 Menschen. Hier nahm die St. Petersburger Akademie der Wissenschaften ihren Betrieb auf, hier wurden die «Sankt Petersburger Nachrichten» — die erste Zeitung des Landes herausgegeben, hier wurde die Eremitage eröffnet, mehrere großangelegte Hochschuleinrichtungen boten Studiengänge an. Es entstand ein grandioses Denkmal des Stadtgründers — der Eherne Reiter. Im architektonischen Sinne war St. Petersburg Ende des 18. Jahrhunderts recht vielfältig. Anstelle des Barocks aus der Zeit Peters I. (Kunstkammer, der Sommerpalast Peters I., die Peter-und-Pauls-Kathedrale) trat das Barock der Kaiserin Elisabeth, das vorwiegend vom genialen Rastrelli umgesetzt worden ist, (Smolny-Kloster, Winterpalast). Die katharinische Epoche war durch die Vorrangstellung des Klassizismus gekennzeichnet, (die Eremitage-Anlage, der Jussupow-Palast). Paul I. war nur kurzweilig an der Macht, allerdings erhielt die Stadt zu seiner Zeit ihren ersten Festungsbau — das Michaelsschloss, auch der Bau der Kasaner Kathedrale wurde damals begonnen.

Die Epoche Alexanders I. bedeutete für St. Peterburg die Zeit eines patriotischen Aufschwungs, der durch den Sieg im Vaterländischen Krieg von 1812 hervorgerufen wurde. Das Stadtbild erhielt mit den Werken der Architekten Rossi, Stasow und Quarengi zusätzliche Stattlichkeit und feierliche Anmut. In diesem Abschnitt wurden die Isaakskathedrale und die Gebäude des Senats und der Synode vollendet. Im adligen Umfeld der Hauptstadt des Nordens zeichnete sich diese Zeit durch besonders zahlreiche Duelle aus.

Die Epoche des Zaren Nikolaus wurde durch den Aufstand der Dekabristen auf dem Senatsplatz eingeläutet und zog eine Reihe von Hinrichtungen und Verbannungen in Arbeitslager nach sich. Es gab jedoch auch ein erfreuliches Ereignis: Eine Eisenbahnverbindung zwischen der alten und der neuen Hauptstadt wurde eingeweiht.

Die Regierungszeit Alexanders II. ging nicht nur als die Epoche des Befreier-Zaren in die Geschichte von St. Petersburg ein. Sie prägte auch den Begriff «Terrorismus» und «Zarenmörder». Der Zar wurde umgebracht, als er auf dem Weg war, um die neue Verfassung zu unterzeichnen. In der Regierungszeit seines Sohnes, Alexanders III. wurde auf die nationale Authentizität gesetzt, auf die Formierung eines russischen Stils. Ein eindrucksvolles Exemplar dieser Baukunst ist die Auferstehungskirche.

Nikolaus II. regierte im Silbernen Zeitalter in der russischen Kultur, das sich am deutlichsten in St. Petersburg zu erkennen gab. In der Hauptstadt des Nordens lebten und arbeiteten damals die Dichter Achmatova und Gumiljow, Mereschkowskij und Gippius, die Künstler Dobuzhinskij und Benois, Komissarschewskajas eigenes Theater war im Aufbau begriffen.

Das Ende der Regierungszeit der Romanow-Dynastie bedeutete gleichzeitig auch das Ende für St. Petersburg als Hauptstadt. Die Oktoberrevolution bescherte der Stadt einen neuen Namen: Nachdem sie 1914 in Petrograd umbenannt worden war, erhielt sie zehn Jahre darauf den Namen Leningrad. Dem Anführer des Weltproletariats und dem Begründer des Sowjetstaates zu Ehren wurde die ehemalige Hauptstadt am 26. November 1926 benannt, wenige Tage nach seinem Tod. Die Idee entstammte dem Petrograder Rat der Arbeiter-, Bauern- und Soldatendeputierten, die Arbeiter von allen Fabriken und Betrieben der Stadt schlossen sich ihr an. Auf dem Zweiten Parteitag der Sowjets wurde dafür abgestimmt, worauf der Anstoß umgesetzt wurde. Im einschlägigen Erlass lautete der letzte Satz: «Das größte Zentrum der proletarischen Revolution soll für immer mit dem Namen des größten unter den Anführern des Proletariats, Wladimir Iljitsch Lenin, verbunden bleiben».

Im Laufe der folgenden 70 Jahre durchlitt die Stadt zahlreiche zermürbende Kraftproben, und bewältigte sie alle, unter anderem die 872 Tage lange Blockade im Zweiten Weltkrieg. Trotz aller Verluste im Laufe des Krieges bewahrte Leningrad den Status des kulturellen und intellektuellen Zentrums des großen Landes. Zu Sowjetzeiten entstand hier «Lenfilm» — das älteste Filmstudio des Landes; das Lensowet-Theater und Akimow-Theater, mehrere große Institutionen der Akademie der Wissenschaften der UDSSR. In Leningrad lebte und arbeitete der «Vater der sowjetischen Physik» Abram Joffe, der den Nobelpreisträger Pjotr Kapiza und den Entwickler der sowjetischen Atombombe Igor Kurtschatow «großgezogen» hatte.

St. Petersburg ist eine wahrhaftig einzigartige Stadt. Hier befindet sich die höchste Kathedrale Russlands — die Peter-und-Pauls Kathedrale (122,5 m mitsamt der Windfahne); die tiefste U-Bahn der Welt; das erste öffentliche Museum in Russland — die Kunstkammer; der größte Brocken Malachit der Welt — er wiegt 1504 kg und wird im Bergbau-Museum aufbewahrt; die weltweit einzige Reiterstatue, die nur zwei Stützpunkte besitzt — das Nikolaus I.-Denkmal auf dem Isaaksplatz. Außerdem gibt es in der Hauptstadt des Nordens über 300 Brücken, 600 km Straßenbahn-Gleise und über 3 000 plastische Darstellungen von Engeln! Auch die inoffiziellen Bezeichnungen St. Petersburgs nehmen kein Ende: die Stadt der drei Revolutionen, die Stadt der weißen Nächte, das Venedig des Nordens, die Kulturhauptstadt...

St. Petersburg bereicherte die nationale Küche um mehrere Gerichte, die weit außerhalb des Landes bekannt geworden sind. Zum Beispiel das vom persönlichen Koch des Grafen Stroganow kreierte Boeuf Stroganoff — angebratene Stückchen Rindfleisch in heißer Soße aus saurer Sahne. Als hiesiges Fastfood können die Pyschki bezeichnet werden — Gebäck aus frittiertem Teig, dessen Form an Donuts erinnert. In der Bolschaja Konjuschennaja-Straße ist bis heute das 1958 eröffnete, älteste Pyschki-Lokal im Betrieb. Eine andere typische Süßigkeit ist das Törtchen «Leningradskoje» mit Creme aus Kondensmilch. Hinzu kommen noch rosafarbene Pfannkuchen, die man in St. Petersburg kosten kann; sie werden unter Zugabe von Rote Beete-Saft zubereitet.

Die Touristen kommen nach St. Petersburg saisonunabhängig, aber am angenehmsten ist es hier im Frühling oder im Sommer. Am 27. Mai feiert die Stadt ausschweifend ihren Geburtstag, in demselben Monat wird auch der Korüschka-Tag gefeiert — zu Ehren des beliebten kleinen Fisches aus der Newa. Ende Juni findet das Fest für Abiturienten «Krasnyje Parusa» («Die roten Segel») statt, Ende Juli ist der Tag der russischen Seekriegsflotte.

St. Petersburg wurde zusammen mit anderen Städten als Austragungsort für die Fußballweltmeisterschaft 2018 ausgewählt. Zum Mittelpunkt wird dabei das extra anlässlich der Meisterschaft errichtete Stadion «Zenit-Arena», mit 69 000 Plätzen. Außerdem wurde die Anzahl der Hotels in der Stadt erhöht, mehrere neue U-Bahn-Stationen eröffnet und ein Aero-Express zwischen dem Flughafen Pulkowo und der Stadtmitte eingerichtet.

St. Petersburg gehört zu den «Top 20 touristischen Reisezielen der Welt». Dieses Rating wurde von dem Magazin ELLE erstellt und veröffentlicht. In dieser Liste spielt die Hauptstadt des Nordens in einer Liga mit Paris, Venedig und London. Parks, Paläste, Theater und eine erstaunliche Zahl von unglaublich interessanten Museen machen St. Petersburg zu einem außerordentlich starken Anziehungspunkt auf der Karte Russlands. Wie sollte es auch anders sein! Hier handelt es sich doch um die Stadt, in der die russische Geschichte geschrieben wurde, wo Kultur und Wissenschaft erblühten. Die Stadt der weißen Nächte, von einer atemberaubenden Architektur, die Stadt Puschkins und Gogols, eine Stadt, in die man immer und immer wieder zurückkehren will. Dem Regen und dem Wind zum Trotz.

Wie zu erreichen

Der Weg nach St. Petersburg aus Moskau nimmt etwa 1 Stunde 20 Minuten mit dem Flugzeug, bzw. zwischen 4 und 12 Stunden mit dem Zug in Anspruch; Ob es der Schnellzug «Sapsan» oder ein anderer ist — täglich wird diese Route von über 30 Zügen befahren. Direktflüge bestehen von Pulkowo aus in solche großen Städte, wie Jekaterinburg, Sotschi, Kasan, Samara, Nizhnij Nowgorod, Wolgograd und viele andere. Aus Städten an den östlichen Grenzen des Landes (Wladiwostok, Chabarowsk) gelangt man mithilfe von Verbindungsflügen hierher. Bis Pulkowo werden Direktflüge von beinahe allen europäischen Hauptstädten und einer Reihe von deutschen Städten angeboten. Aus den USA, China und den Ländern des Nahen Ostens ist eine Anreise mit Verbindungsflügen möglich.

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