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Tjumen – die Ölhauptstadt Russlands

Die erste russische Stadt in Sibirien, die damalige Kaufmannsstadt Tjumen, wurde im 20. Jahrhundert zur Öl- und Gashauptstadt Russlands. Dennoch ergänzen sich dort sehr harmonisch die erstaunlichen, historischen Gebäude aus dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der modernen Granituferstraße, die mehrere Ebenen umfasst, sowie mit den Gassen und Denkmälern des Zwetnoi Boulevards. Das örtliche Regionaltheater wurde mit dem Umzug ins neue Gebäude zum größten Drama- Theater in Russland! Es gibt jedoch noch zwei nicht offensichtliche Gründe für eine Reise nach Tjumen: heiße Mineralquellen und der Mythos von Grigori Rasputin.

Tjumen entstand als Vorposten Russlands, der seinen Einfluss durch das Khanat Sibir erweiterte. Die Stadt wurde im Jahr 1586 von den Woiwoden Wassili Sukin und Iwan Mjasnoj gegründet. Sie beschlossen damals, einen «Ostrog», (eine befestigte Siedlung im alten Russland), auf dem Küstenvorsprung zwischen den Flüssen Tura und Tjumenka zu errichten. Der Ostrog befand sich in der Nähe von der verlassenen Siedlung Chingi-Tura, der Hauptstadt vom Khanat Tjumen oder «Großem Tjumen». Es ist bekannt, dass sie außer den Hütten und Scheunen auch sofort eine Kirche auf den Namen der Verklärung Jesu bauen ließen. Der Bereich, auf dem sich der erste Ostrog befand, litt durch den über die Ufer getretenen Fluss Tura. Heute befindet sich ungefähr an diesem Ort der «Istoritscheskaja», («Historischer»), Platz mit dem Gedenkstein.

Im Jahr 1616 wurde in der Stadt das erste Mönchskloster gegründet. Es ist unter dem Namen «Troizki»-Kloster bekannt. Im Kloster sind die Reliquien des Metropoliten Philotheos aufbewahrt, der sogar vom Kaiser Peter dem Großen für seine Taufe der Bevölkerung ausgezeichnet wurde. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts siedelten nach Tjumen viele Handwerker. Im Jahr 1836 wurde in Tjumen der erste Dampfer in Sibirien auf dem Fluss abgesetzt und die Stadt wurde daher zum regionalen Zentrum für den Schiffsbau. Einen zusätzlichen Impuls zur Entwicklung der Stadt hat die Transsibirische Eisenbahn hervorgebracht.

In den 1860er Jahren wurde in Tjumen mit dem Brauen des lokalen Biers durch die Bierfabrik «Dawydowskaja» begonnen. Einige Sorten, wie «Kulbacherskoje», «Extra» und «Kabinettnoje» wurden auf internationalen Ausstellungen ausgezeichnet. Die Brautradition ging zwar verloren, in den letzten Jahren jedoch steigt immer mehr das Interesse an der originären sibirischen Küche der nördlichen sibirischen Völker «Chanten» und «Mansen». Die Grundlage der lokalen Küche stellen Fisch, frische Pilze und Beeren dar. Delikateß-Muksun, Weißlachs und Stör werden traditionell als Stroganina, (Rohfisch auf Eis), oder als Ucha bzw. Fischsuppe angeboten. Darüber hinaus sind in Tjumen das Hirschtatar, sowie Gerichte aus Wildschwein, Elch und sogar Bär zu probieren. Zum Kennenlernen der lokalen Köstlichkeiten passt der Semtember am besten, da die besten Restaurants Tjumens ein gastronomisches Fest veranstalten und es die Möglichkeit gibt, die Spezialitäten der Küchenchefs zu einem festen Preis zu probieren.

Der Zeitraum zwischen dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hat merkbare Spuren in der Architektur von Tjumen hinterlassen. Im ehemaligen Gebäude des Stadtrates, das bereits im Jahre 1824 gebaut wurde, ist heute der Museumskomplex namens I.J. Slowzow untergebracht. Im Jahr 1871 erschien auf dem Gebäude die Uhr — Analog zum Kremlglockenspiel. Nun spielt sie zwar keine Musik, ist aber immer noch in einem einwandfreien Zustand. Die Dauerausstellung des Museums ist paläontologischen Entdeckungen gewidmet. Zu den Exponaten gehören zum Beispiel das in Russland größte Mammutskelett sowie die Skelette von Bison, Wollnashorn und Höhlenbär. Im Museum namens «Das Mascharow-Haus», das im späten 19. Jahrhundert im neoklassizistischen Stil erbaut wurde, kann man erfahren, wie eine Kaufmannsfamilie jener Zeit damals lebte. Im Wohnzimmer des Hauses finden regelmäßig Musikabende statt. Als Vorbild des neoklassischen Stils gilt auch das Gebäude der Staatlichen Universität für Architektur und Bauwesen Tjumen, das bereits im Jahre 1914 auf der Lunatscharskaja Straße erbaut wurde. Einen Besuch wert ist das Museum-Gehöft der Familie Kolokolnikow. Diese herrliche Villa verbindet Elemente des neoklassischen Stils und dem Barock. Das zweistöckige Renaissancegebäude der Alexander-Realschule aus dem Jahre 1878, das heute als die Akademie der Landwirtschaft bekannt ist, gilt als eine der schönsten in der Stadt und wird daher das Kennenlernen mit der alten Architektur der Stadt perfekt abrunden.

Nach der Revolution wurde Tjumen zur Hauptstadt des Gouvernements. Im Zweiten Weltkrieg wurden in die Stadt Dutzende von Fabriken evakuiert, was die Impulse für die industrielle Entwicklung förderte. Hierbei spielten alle anderen Städte der Region nur eine formelle Rolle hinsichtlich einer Stadtfunktion. Daher wurde Tjumenin der Nachkriegszeit scherzhaft «die Hauptstadt der Dörfer» genannt. Das weitere Schicksal von Tjumen wurde durch die Erkundungsarbeiten zwischen den 1940-1960-er Jahre geprägt. Damals wurden nämlich in der Region große Bestände an Öl und Erdgas gefunden. Dies trieb die Entstehung von Forschungsinstituten und Universitäten in die Stadt sowie das Bevölkerungswachstum und den Bau neuer Stadtbezirke.

Als eines der bedeutsamsten Gebäude der letzten Zeit in der Geschichte der Stadt gilt das Tjumen Drama Theater, das im Jahr 2008 eröffnet wurde. Es gilt übrigens als das flächenmäßig größte Drama Theater Russlands! Zum wahren Symbol der Stadt gehört die Brücke der Verliebten. Eine Schrägseilfußgängerbrücke, die im Jahr 1987 auf dem Gelände der alten eingestürzten Holzbrücke gebaut wurde. Nach dem Wettbewerb für einen ungewöhnlichen Kuss, der auf der Brücke im Jahr 2003 stattfand, wurde die Brücke offiziell umbenannt. Einen herrlichen Blick auf die Brücke ist von der einzigartigen vier Ebenen umfassenden Uferstraße des Flusses Tura, sowie vom «Istoritscheskaja» Platz aus zu erhalten. Auf dem Platz befindet sich die Stele und dort brennt auch die ewige Flamme in Erinnerung an die Opfer des Zweiten Weltkriegs.

In Tjumen gibt es mehrere ungewöhnliche Denkmäler. Bemerkenswert ist vor allem eine der bekanntesten Skulpturengruppen in Tjumen, der Platz Sibirischer Katzen mit 12 spielenden Tieren. Im «Aptekarskii» Garten, gegenüber dem Stadtkrankenhaus des frühen 20. Jahrhunderts, befindet sich das Denkmal für Grigori Rasputin. Es erinnert daran, dass eine der umstrittensten Figuren der russischen Geschichte in der Nähe von Tjumen, im Dorf Pokrowskoje, geboren wurde. In seinem Heimatdorf ist heute das Museum «das Rasputin-Haus» geöffnet.

Mit Sibirien verbindet man selten Spas oder Kurorte. Allerdings sind nur wenige Kilometer von Tjumen Thermalquellen zu finden. Dort quellt Wasser, dessen Temperatur 37 bis 50 ° C beträgt. Daher lässt sich das Heilbad unter freiem Himmel das ganze Jahr über nehmen. Die mineralische Zusammensetzung des Wassers, gut eingerichtete Schwimmbäder mit Umkleidekabinen, Cafés, Brunnen und Kinderzonen haben diesen Ort zu einem beliebten Kurort verwandelt.

Seit dem Jahr 1980 wird am letzten Sonntag im Juli das Stadtfest mit dem Feuerwerkfestival in Tjumen gefeiert. Zur gleichen Zeit findet in der Stadt das Festival der Straßentheater namens «Straßenträume» statt. Auf dem Zwetnoi Boulevard treten Akrobaten auf Stelzen, Musiker, Clowns, Pantomimen, Tänzer und Zirkuskünstler auf. Im Juni wird dort auch das Feltival der russischen Kultur mit Aufführungen von Folkloregruppen und Meisterklassen für die traditionellen Handwerke veranstaltet. Ende August sammeln sich in der Stadt Fans der Rockmusik zum zweitägigen Fest namens «Katis’, Kwadrat». Tjumen wird als ein perfekter Start für das weitere Kennenlernen von Sibirien und dem östlichen Teil von Russland dienen. Gäste der wachsenden Ölhauptstadt Tjumen werden sich wohl auf die gastfreundlichen Sibirier, die einzigartige Küche und Unterhaltungen für jeden Geschmack — von Mineral-Spas bis zu Theater- und Sportveranstaltungen der Weltklasse — sehr freuen.

Wie zu erreichen

Ein Flug von Moskau zum internationalen Flughafen «Roshchino» in Tjumen dauert weniger als drei Stunden. Nach Tjumen gibt es auch Flüge aus der Türkei, Tadschikistan, Aserbaidschan, Bulgarien, Griechenland, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Thailand und Zypern. Von Moskau nach Tjumen kann man auch mit der Bahn reisen. Die Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn wird etwa 30 Stunden dauern.

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