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Woronesch — die Hauptstadt von Tschernosemje (Schwarzerde-Region)

Zu Zeiten Peter des Großen war Woronesch eine recht bedeutsame Stadt für Russland. Hier sind unter Anleitung des Kaisers die ersten russischen Kriegsschiffe gebaut worden. Von hier zog Peter in den Feldzug, die mit der Eroberung des türkischen Asow endete. Heute ist eine Kopie des ersten Schiffes «Gott Praedestinatio» zum Symbol der Millionen-Stadt geworden. Recht unterhaltsam ist auch die Geschichte der Süßwarenfabrik, die im Grunde dank der Prinzessin von Oldenburg hier entstanden ist. Wegen dieser Geschichten, aber auch, um durch die hiesigen einzigartigen Naturschutzgebiete zu wandern, kommen Touristen in diese Ecke.

Die Entstehungsgeschichte der Siedlungen in Woronesch und seiner Umgebung liegt viele Jahrhunderte zurück. Im Dorf Kostenki, 50 km von Woronesch entfernt, kann man sich die Überreste einer neun Meter breiten Wohnung anschauen, die Menschen im Steinzeitalter aus Knochen von vierzig Mammuts gebaut haben. Das Alter dieses Baus beläuft sich auf mehr als 20 000 Jahre! Und das ist sogar 7 000 Jahre weniger, als das Alter des Pferdes, dessen Überreste auf dem heutigen Territorium des Nationalparks «Diwnogorje» entdeckt worden sind. Nördlich des heutigen Woronesch wurden Grabhügel von Skythen aus dem 6.-3. Jahrhundert v.Chr. entdeckt. Der Schmuck aus diesen Gräbern kann im Landeskunde-Museum von Woronesch besichtigt werden. In den Kreidebergen südlich der Stadt sind Systeme von Höhlentempeln komplett erhalten geblieben, in denen sich die Mönche vermutlich bereits im 13. Jahrhundert anzusiedeln begannen. In wenigen Worten gesagt, hüten die Lande von Woronesch viele Zeugnisse des Altertums!

 Woronesch wurde 1586 gegründet, als am Ufer des gleichnamigen Flusses eine Festung zum Grenzschutz erbaut worden war. Vier Jahre später brannte sie nach einer Attacke der Tscherkessen vollends nieder. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Festung jedoch zum Teil der Belgoroder Schutzlinie, (einer Linie aus natürlichen und künstlich errichteten Hindernissen zum Schutz vor Übergriffen der Tataren), rund um die Festung begann eine Siedlung zu entstehen.

 Einen neuen Impuls erhielt die Entwicklung von Woronesch dank Peter I. Dazu hatte eigentlich ein Unglück beigetragen — die erste missglückte Kampagne gegen die osmanische Festung Asow. Um sich Zugang zum Asowschen und zum Schwarzen Meer zu verschaffen, beschloss Peter eine Kriegsflotte zu bauen. Die Wahl traf Woronesch, das inmitten von Eichenwäldern stand, die sich bestens für solche Zwecke eigneten und unweit des Flusses Don gelegen war, der ins Asowsche Meer mündet. 1700 wurde in der Uspenski-Kathedrale eine der ersten Flaggen der russischen Kriegsflotte eingeweiht. Damit wurde «Gott Praedestinatio», das erste Schiff, das auf der hiesigen Werft gebaut worden war, versehen. Leider ist das Original des Schiffes nicht erhalten geblieben, aber seine originalgetreue Kopie liegt im Hafen und beherbergt ein Museum. Bereits 1696 gelang es dem Kaiser beim zweiten Kriegszug Asow einzunehmen. In nur fünfzehn Jahren wurden auf der Werft von Woronesch 250 Kriegsschiffe für die erste reguläre russische Flotte gebaut! Zu Lebzeiten Peter des Großen hatte sich die Bevölkerung von Woronesch verfünffacht.

 Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Woronesch gehört die Uspenskaja Kirche (Mariä-Entschlafungskirche). Sie ist Ende des 16. Jahrhunderts erbaut worden. Und zu Zeiten Peters I. ist an dieser Stelle das jetzige Gebäude aus Stein entstanden. Anfang des 18. Jahrhunderts verwandelte es sich in die Admiralitätskirche. Hier wurden traditionsgemäß Messen durchgeführt, wenn neue Schiffe vom Stapel gingen. Einer Legende zufolge hatte der Kaiser höchstpersönliche auf dem Kliros gesungen.

 Zahlreiche schöne Kirchen zierten Woronezh, die nach der Revolution 1917 und während des Zweiten Weltkrieges zerstört worden waren. Anstelle der Blagoweschenski-Kathedrale und des Mitrofanowski-Klosters wurde damals die Staatliche Universität Woronesch errichtet — gegenwärtig ist es die größte Universität in der Tschernosemje Region. Allerdings wurde die Blagoweschenki-Kathedrale wiederaufgebaut und im Garten des Ersten Mai im Jahre 2009 eröffnet. Sie gehört zu den drei höchsten Kathedralen in Russland, hier werden die Reliquien des in Woronesch verehrten ersten Bischofs Mitrofan aufbewahrt.

 In den 1930-er Jahren begann Woronesch sich auch am linken Flussufer zu entwickeln, an dem nacheinander Fabriken entstanden. Woronesch ist die Geburtsstätte des bekannten reaktiven Granatwerfers Katjuscha und des Angriffsflugzeugs IL-2. Im Zweiten Weltkrieg ist die Stadt beinahe vollständig zerstört worden. So flogen im Juni 1942 durchschnittlich 80 deutsche Flugzeuge täglich über die Stadt. In 212 Tagen, bis zum 25. Januar 1943 verlief dort eine Frontlinie. Der Verluste in den Kriegsjahren gedenken mehrere Monumente. So das Memorialkomplex «Tschischowski-Platzdarm», das am größten Massengrab des Landes eingeweiht wurde — darin sind über 15 000 Soldaten begraben. Als Mahnung an die Nachkommen entschloss man sich, die Rotunde, ein ehemaliges anatomisches Theater im hiesigen Krankenhaus, vom dem nur das Gerippe übrig geblieben ist, im zerstörten Zustand stehen zu lassen. In Folge von militärischen Übergriffen waren mehr als 90% der Wohnhäuser zerstört worden.

 Heute ist das älteste Gebäude der Stadt der weiße zeltförmige Glockenturm des Aleksejew-Akatow-Klosters aus dem 17. Jahrhundert. Das in der Erde «versunkene» Kaufmannshaus «Arsenal» vom Ende des 18. Jahrhunderts beherbergt das Museum des Großen Vaterländischen Krieges. Mehrere Häuser aus dem 18.-19. Jahrhundert sind in der Karl Marx-Straße und dem Prospekt der Revolution erhalten geblieben. Das Kramskoj-Kunstmuseum von Woronesch, auch das Schloss von Woronesch genannt, nimmt ein eindrucksvolles barockes Gebäude vom Ende des 18. Jahrhunderts in Anspruch.

 Zu den wahren Perlen von Woronesch und Umgebung gehört das im 19. Jahrhundert erbaute Palais im englischen Stil. Es kann in dem Dorf Ramon, unweit der Stadt, besucht werden. Es wurde für die Prinzessin von Oldenburg gebaut, in einem Anwesen, das sie von ihrem Onkel, dem Kaiser Alexander II. bekommen hatte. Damit steht eine Legende in Verbindung, die besagt, dass die Prinzessin von einem Zauberer von einer tödlichen Krankheit geheilt worden war, der daraufhin anstelle einer Belohnung verlangte, dass die Prinzessin seine romantischen Gefühle erwiderte. Dafür wurde er von dem Prinzen hingerichtet. Die Menschen aus der Nachbarschaft behaupten, dass es wegen des Fluchs des Zauberers in dem Schloss spuke und wegen eines geheimnisvollen, an der Decke im Gebetsraum gemalten Auges würden die Kameras von Touristen sich weigern, die Decke zu fotografieren. Jedoch sind Gespenster eine rätselhafte Angelegenheit. Pralinen sind dagegen durchaus real. Es ist überliefert, dass die Prinzessin auf dem Grundstück ihres Anwesens eine Fabrik zur Herstellung von Pralinen errichten ließ. Anfang des 20. Jahrhunderts machten ihre Erzeugnisse Woronesch auch weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Zu Sowjetzeiten wurde auf dem Territorium des Anwesens die Süßwarenfabrik von Woronesch aufgebaut. Die beliebtesten Pralinen («Kolzows Lieder», «Woroneschskije», «Vogelmilch») sind die beliebtesten Leckereien der Stadt und eignen sich auch hervorragend als Mitbringsel.

 Was die hiesige Küche anbelangt, so bildeten die Lebensgrundlage von Woronesch traditionsgemäß Süßwasserfische, Pfifferlinge, Steinpilze, Beeren, Wurzelgemüse. In den letzten Jahren wurden viele Lokale mit Pelmeni in der Stadt eröffnet, in denen handgemachte Pelmeni mit ungewöhnlichen Soßen und den unterschiedlichsten Füllungen angeboten werden: Fleisch, Gemüse, Käse, Fisch, Obst usw.

 1870 ist der künftige Literatur-Nobelpreisträger Iwan Bunin in Woronesch auf die Welt gekommen. Am Prospekt der Revolution ist das Haus erhalten geblieben, in dem er die ersten drei Jahre seines Lebens verbracht hatte. Und das erste Denkmal der Stadt ist Peter I. gewidmet. Seine Kopie steht in der Petrowski-Grünanlage — dem beliebtesten Aufenthaltsort der Stadtbewohner. Außerdem hat Woronesch zwei andere Denkmäler, die im ganzen Land bekannt sind. Das erste Denkmal ist dem Kätzchen und dem Raben, aus dem beliebten Zeichentrickfilm gewidmet — es erschien 2003 in der Lisjukow Straße.

 In der Stadt hat sich bereits die Tradition entwickelt, das linke hintere Pfötchen des Kätzchens zu reiben, damit Träume in Erfüllung gehen. Und vor dem Puppentheater am Prospekt der Revolution steht ein Denkmal an einen Hund — den Helden der in Russland bekannten Erzählung «Weißer Bim, schwarzes Ohr», die von dem, in Woronesch gebürtigen, Gawriil Trojepolskij geschrieben worden ist. Der Regisseur Stanislaw Rostozkij hatte ein rührendes Drama nach dem Buch verfilmt, das 1979 für den Preis der amerikanischen Kinoakademie Oskar als bester ausländischer Film nominiert war. Das Denkmal wurde 1998 von den bekannten Bildhauern aus Woronesch Iwan Dikunow und Elsa Pak von ihren eigenen Geldern aufgestellt.

 Das wichtigste Ereignis im Kulturleben der Stadt findet in der ersten Junihälfte statt und ist nach dem 1899 in Woronesch geborenen, herausragenden Schriftsteller Andrej Platonow benannt. Das internationale Platonow-Festival bietet Programm an allen, sowohl offenen als auch geschlossenen, Veranstaltungsorten der Stadt — Theateraufführungen, Konzerte in den unterschiedlichsten Genres, Ausstellungen, Buchvorstellungen. Kurz vor Ende des Festivals wird der Verkehr auf dem Prospekt der Revolution für einen Zug von Straßentheatern gestoppt. Der Stadtgeburtstag wird immer am zweiten Novembersamstag mit Konzerten und anderen Veranstaltungen begangen. Noch ein bedeutsames Ereignis für Woronesch ist das internationale Festival «Jazz-Provinz». Es findet jährlich Ende Oktober — Anfang November statt.

 Woronesch ist eine zutiefst provinzielle Stadt. Aber seine reichhaltige Geschichte, die sehenswerten Museen und die Gastfreundlichkeit der Bewohner locken Jahr für Jahr immer mehr Touristen hierher.

Wie zu erreichen

Zum Flughafen von Woronesch gelangt man von St. Peterburg, Sotschi, Rostov-am-Don, Kasan, Jekaterinburg. Ein Flug aus Moskau nach Woronesch nimmt nur 1 Stunde in Anspruch. 6,5 Stunden bedarf es einer Reise im Express-Zug mit zwei und ca. 6-8 Stunden mit dem Auto.

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