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Sergijew Possad, religiöses Zentrum Russlands

Die mittelgroße Stadt Sergijew Possad ist die einzige Stadt im Moskauer Umland, die zum sogenannten Goldenen Ring Russlands gehört. Der Grund dafür ist das Kloster der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius, (russisch: Troize-Sergijewa Lavra), das religiöse Zentrum von ganz Russland. Das Kloster gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Schneeweiße Türme, goldene Kuppeln, Glockengeläut und ein niemals versiegender Strom von Pilgern bilden den Lebensinhalt dieser Stadt, die knapp 100 Tausend Einwohner zählt. Außerdem ist diese Stadt als Hauptstadt des Spielzeugreiches bekannt. Genau hier entstand das Spielzeuggewerbe und wurde die erste russische Matrjoschka erfunden. Heute ist Sergijew Possad ein lebendes Freiluftmuseum. Die Mönche erzählen hier die Legende über den Heiligen Sergius von Radonesch und bieten köstliche Honigkuchen an, auf den städtischen Handelsmärkten werden Spielwaren aus Bogorodskoje verkauft und Kwass angeboten. Über eine Million Touristen kommen jedes Jahr in die Stadt, um das zu erleben!

Mitte des 14. Jahrhunderts standen an der Stelle des heutigen Sergijew Possad auf dem Hügel Makowez nur Zellen und die Dreifaltigkeitskirche. Hier lebten und beteten Einsiedlermönche. Unter ihnen war auch der Novize Bartholomäus, der später als Ehrwürdiger Sergius von Radonesch, Gründer des Klosters der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius, bekannt wurde. Der Legende nach, suchte Fürst Dmitri Donskoi, im 14. Jahrhundert, bei diesem Starez Rat vor der bevorstehenden, legendären Schlacht auf dem Kulikowo Pole, (deutsch: auf dem Schnepfenfeld). Nach dem Tod des Sergius von Radonesch wurde über dem Ort, wo seine heiligen Gebeine lagen, die Dreifaltigkeitskathedrale errichtet, und seitdem strömten zahlreiche Pilger ins Kloster.

Im 15. Jahrhundert entstanden nach und nach Dörfer um das Kloster herum. Zar Iwan der Schreckliche, der in der Dreifaltigkeitskathedrale getauft wurde, ließ das Kloster zu einer gewaltigen Festung ausbauen, mit Steinmauern, Wassergräben und Türmen. Anfang des 17. Jahrhunderts hatte das Kloster der Belagerung der polnisch-litauischen Heere getrotzt, die vierzehn Monate dauerte! Hinter den durch Gebete geschützten Mauern versteckte sich der junge Zar Peter I. vor dem Aufstand der Strelizen. Später begünstigte er das Kloster: er schenkte dem Kloster Fischereien und Salzsiedereien. Im 18. Jahrhundert hat sich aus den klostereigenen Dörfern die Stadt Troize-Sergijew Possad gebildet, eines der mächtigen religiösen Zentren des Russischen Reiches.

1862 hat die Klosterstadt ihre eigene Moskowsko-Troizkaja Eisenbahn bekommen, die Sergijew Possad mit der Hauptstadt verband. Ungefähr zu derselben Zeit hat Sergijew Possad zu seinem Status des religiösen Zentrums auch den Namen der Spielzeug-Hauptstadt Russlands hinzugefügt. Angeblich wurden ausgerechnet in dieser Stadt seit alters her die besten Spielwaren hergestellt. Besonders berühmt war das Gewerbe im Dorf Bogorodskoje, wo aus den weichen Holzsorten wunderbare Spielsachen geschnitzt wurden: Schäfer, Hündinnen mit Welpen und das legendäre bewegte Spielzeug «Schmiede» — Bauer und Bär, die nacheinander auf den Amboss hämmern. Ende des 19. Jahrhunderts entstand ausgerechnet in Sergijew Possad die erste russische Matrjoschka. Dieses ungewöhnliche Spielzeug wurde durch ein japanisches Holzfigürchen von der Insel Honshū inspiriert, das einen gutmütigen japanischen alten Mann darstellte. Die erste russische Matrjoschka war ein Bauernmädchen mit einem schwarzen Hahn auf dem Arm. In der «Hauptmatrjoschka» steckten kleinere Puppen, die genauso aussahen. 1904 wurde in Sergijew Possad eine Matrjoschka-Fabrik gegründet. Heutzutage gibt es in der Stadt mehrere Museen für Holzspielwaren. Sie erzählen die Geschichte der russischen Matrjoschka und präsentieren eine beeindruckende Sammlung der Holzspielwaren.

Sergijew Possad ist in der ersten Linie durch das architektonische Ensemble des Klosters der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius bekannt, das seit 1993 zum UNESCO-Welterbe gehört. Mit dem Namen des Sergius von Radonesch ist auch der Wasserfall Gremjatschi Kljutsch, (zu Deutsch etwa: lärmender Quellbrunnen), verbunden, der sich nicht weit von der Stadt befindet. Der Legende nach entstand die Quelle am hohen Ufer des Flusses Woniga, dank dem Gebet des Heiligen Sergius. Heute kommen zu diesem malerischen Ort Pilger, um mit einem Gebet in die eiskalten Weihwasserbecken zu tauchen und vom Weihwasser zu trinken.

Eine der einzigartigen Sehenswürdigkeiten der Stadt ist das Refektorium des Klosters der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius. Der Legende nach verfügte der Ehrwürdige Sergius von Radonesch, dass Mönche alle Besucher des Klosters verpflegen sollten. Deshalb funktioniert heute die Klosterküche wie ein solider, reibungslos laufender Mechanismus. Im Sommer bieten die Mönche den Pilgern den frisch zubereiteten Kwass mit Rosinen und Zucker, angesetzt mit Malz. Zu jeder Jahreszeit kann man im Klosterrefektorium sehr leckere, von den Mönchen in Eichfässern eingelegte Salzgurken, saftige Tomaten und natürlich Sauerkraut kosten. Den größten Ruhm genießen aber die Honigkuchen, die die Mönche mit dem obligatorischen Gebet backen. Das Rezept der Honigkuchen ist streng geheim. Außer den Klostergerichten im Refektorium kann man in den Restaurants von Sergijew Possad Gerichte der traditionellen altrussischen Küche genießen: Fischsuppe aus Flussbarsch, Zander im Napf mit Rasstegai, (deutsch: Fischkuchen) und in einem Töpfchen aus Roggenteig mit saurer Sahne geschmorte Pilze.

Sergijew Possad lockt die Touristen über das ganze Jahr durch spektakuläre Veranstaltungen und Bühnenfeste. Zum Beispiel, im Mai findet hier das Volksspielzeug-Festival statt. Der bunte und laute Markt bietet eine riesige Auswahl handgemachter Spielwaren, auch aus Borogodskoje und Filimonowo. Das ist eine einzigartige Möglichkeit, sich alles anzusehen und wunderbare Souvenirs zu ergattern. Im Juli kommen Gäste des Ballonfestivals, «Himmel des Heiligen Serguis», hierher. Während dieses Festes kann man eine Ballonfahrt unternehmen und die bunten Kuppeln des Klosters der Dreifaltigkeit und des Heiligen Sergius von oben bewundern. Im September findet hier das Festival der russischen Matrjoschka statt: Holzspielwaren werden ausgestellt, Masterklassen werden gegeben, traditionelle Gerichte der russischen Küche werden angeboten. Auch im September wird am Ufer des Kelarski-Teichs neben dem Kloster ein spektakuläres Feuerwerk-Festival durchgeführt.

Sergijew Possad ist zu jeder Jahreszeit sehr schön. Im Winter sind die Klosterkuppeln durch einen eisigen Morgennebelschleier umhüllt. Zu dieser Jahreszeit lohnt es sich, den Plinsenhügel, (russisch: Blinnaja Gorka), zu besteigen, um zuerst atemberaubende Aussichten zu bewundern und sich anschließend in der Stadt durch heiße russische Plinsen zu wärmen. Im Sommer kann man alle Ecken des geheimnisvollen Klosters erkunden, Durst mit dem köstlichen Kloster-Kwass löschen und in die Museen hineinblicken. Diese Stadt hinterlässt angenehmste Eindrucke und Aroma und Geschmack der hiesigen Honigkuchen wird noch lange in Erinnerung bleiben.

Wie zu erreichen

Zwischen Moskau und Sergijew Possad verkehren elektrische Nahverkehrszüge, (auch Elektritschka genannt), die vom Jaroslawski-Bahnhof jede halbe Stunde abfahren, die Fahrt dauert eineinhalb Stunden. Alternativ kann man den Bus nehmen, der alle 15 Minuten аb fährt und die U-Bahnstation «WDNH» mit dem Busbahnhof in Sergijew Possad verbindet. Zwischen Sankt Petersburg und Sergijew Possad verkehren auch Züge, mit Umsteigen in Moskau, so eine Fahrt dauert knapp sieben Stunden.

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