Der Suffix „-ingen“ in der Bezeichnung der Stadt ist ein Beweis dafür, dass sie vor etwa anderthalb Tausend Jahren von einem der alemannischen Stämme gegründet worden ist. Schriftlich erwähnt wurde Tübingen allerdings erst im Jahr 1078, als König Heinrich IV. das nahegelegene Schloss Hohentübingen belagerte. Um 1204 besaß man in Tübingen einen Galgen, ein Merkmal der hohen Gerichtsbarkeit. Der “Tübinger Pfennig”, eine in der Stadt geprägte Münze, fand eine weite Verbreitung.
Das wichtigste Ereignis, das auf die Geschichte und Entwicklung Tübingens einen großen Einfluss ausgeübt hatte, war die Gründung der Universität Tübingen durch Eberhard im Bart, der Graf und später der Herzog von Württemberg. Die Universität wurde als eines der größten Zentren für Wissenschaft und Theologie. Die Einheimischen sagen gern: „Tübingen hat keine Universität, Tübingen ist eine Universität“. Heute zählt die Eberhard Karls Universität in Tübingen zu den führenden deutschen Universitäten.
Fast ein Drittel aller Einwohner in Tübingen sind Studenten. Dieser interessante Umstand beschert dem Ort den Status einer der jüngsten Städte Deutschlands. Der Altersdurchschnitt der Einwohner ist 38 Jahre. Dadurch pulsiert das Leben in der Stadt: Hier finden regelmäßig vielfältige Kulturveranstaltungen, Abende der Poesie und andere Events statt. Unter anderem wird alljährlich im Mai oder Juni das traditionelle Stocherkahnrennen auf dem Neckar durchgeführt, an dem Mannschaften der Studentenverbindungen teilnehmen. Die Sieger des Rennens erhalten ein Fass Bier. Die Mitglieder des Verliererteams müssen vor den Augen der Zuschauer pro Kopf jeweils einen halben Liter Lebertran austrinken. Und am ersten Samstag im Oktober findet hier das Entenrennen statt. An dieser Veranstaltung, die seit 1999 durchgeführt wird, kann jeder teilnehmen. 2014 wurden mehr als 7 000 (!) Plastikenten ins Wasser gelassen, und der Erlös wurde an ein Obdachlosenheim gespendet.
Die einheimische Küche zeichnet sich zum größten Teil durch schwäbische Spezialitäten aus. Das sind in der Regel einfache, sättigende Gerichte ohne Schnickschnack, aber dafür mit langer Geschichte. Sehr beliebt sind Schupfnudeln (oder Bubespitzle). Das sind dicke Nudeln aus Kartoffelteig, die häufig mit Sauerkraut serviert werden. Ein anderes Highlight der schwäbischen Küche ist „Geisburger Marsch“, ein Eintopfgericht mit Rinderfleisch und Nudeln in Form von Spätzle. Einer Legende nach soll der Name des Gerichts daher kommen, da im 19. Jahrhundert Offizieränwärter eine Vorliebe für kräftige Eintöpfe entwickelten, der in der im nahe gelegenen Geisburg (heute ein Stuttgarter Stadtteil) befindlichen Gaststätte Bäckerschmiede serviert wurde. Da die Offiziersanwärter auf dem Weg in dieses Wirtshaus eine gewisse militärische Marschordnung einhalten mussten, trug das Gericht letztlich den Namen „Gaisburger Marsch“. Fast auf jeder Speisekarte findet man Maultaschen, ein Ravioli-ähnliches Gericht aus Nudelteig mit einer Grundfüllung. Für diejenigen, die besonders tapfer sind, gibt es „Saure Kutteln“. Als Dessert sollte man unbedingt die berühmte Schwarzwälder Kirschtorte verkosten. Neben einer anderen deutschen Stadt erhebt Tübingen ebenfalls den Anspruch, das Rezept erfunden zu haben, das bedeutet, dass man nun die besten Chancen hat, die „richtige“ Version dieser Torte zu genießen.
Malerische Landschaften sind typisch für Tübingen. Es thront auf den Hügeln im Neckartal. Auf jeden Fall lohnt sich eine Fahrt mit dem Stocherkahn auf dem Neckar, wenn der Stocherer an einem Ende des Bootes steht und es mit einer langen Stange vom Grund abstößt. So eine Fahrt bietet die Möglichkeit, sich zu entspannen und das Aussehen der Stadt zu genießen. Vom Wasser aus kann man den Hölderlinturm am Neckar sehr gut betrachten, in dem der Dichter Friedrich Hölderlin, der eine Geistesstörung hatte, 30 Jahre verbrachte. Von einem Hügel aus kann man Fotos von den roten Dächern aufnehmen und sich an der märchenhaften Landschaft der Schwäbischen Alb erfreuen. Von dem Schloss Hohentübingen und seinen Mauern hat man einen herrlichen Blick auf das Umfeld. Nach einem Spaziergang durch eine Platanenallee auf der Neckarinsel ist man in eine entspannte Stimmung versetzt. Ruhig ist auch der Spaziergang durch die Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern und bemalten Gebäuden, mit ihrem Marktplatz und dem Neptunbrunnen. Touristenmassen gibt es nicht, deshalb fällt es hier leicht, die Aura der Altstadt zu spüren. Kurzum: Tübingen ist ein Ort, wo ein ruhiges und entspanntes Leben fließt, Studenten Fahrrad fahren, der Fluss plätschert und die Geschichte zu erleben ist …